Kündigung wegen Arbeitsverweigerung
- Ob ein Mitarbeiter nun exzessiv trödelt oder gar nicht mehr bei der Arbeit erscheint – beim Thema Arbeitsverweigerung scheint die Kreativität manch eines Arbeitnehmers keine Grenzen zu kennen – die Geduld der Arbeitgeber dagegen schon.
- Hier erfahren Sie, wann Ihnen eine fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung droht und ob Sie die Arbeit tatsächlich verweigern können.
Konflikte am Arbeitsplatz können eine echte Belastung sein. Besonders eine Kündigung bedeutet purer Stress. Wir erklären, warum es sich dabei lohnt, einen Anwalt zu konsultieren und so auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber verhandeln zu können.
Arbeitsverweigerung – viele Facetten und ein Fazit
Um einem Mitarbeiter (fristlos) wegen Arbeitsverweigerung kündigen zu können, muss der Arbeitgeber nachweisen, dass der Mitarbeiter bewusst und nachhaltig die Leistung nicht erbracht hat. Ein Beispiel wäre, wenn der Mitarbeiter einfach nicht zur Arbeit erscheint, ohne sich krank zu melden oder Urlaub eingereicht zu haben. Damit der Arbeitgeber in diesem Fall erfolgreich kündigen kann, muss er den Arbeitnehmer jedoch in der Regel einmal zuvor wegen des gleichen Verstoßes wirksam abgemahnt haben. Wenn sich der Arbeitnehmer also nach der Abmahnung das gleiche Vergehen noch einmal leistet, dann kann er erfolgreich wegen dieses Verstoßes gekündigt werden.
Wenn ein Mitarbeiter langsam arbeitet, ist das jedoch nicht immer eine Arbeitsverweigerung. Aber wann wird es eine? Das ist schwierig zu beurteilen, denn der Arbeitgeber muss versuchen herauszufinden, ob der Mitarbeiter einfach nicht schneller arbeiten kann oder bewusst und systematisch langsam arbeitet, sprich im „Bummelstreik“ ist.
Der Arbeitgeber kann Vergleiche anstellen und prüfen, wie viel Zeit ein vergleichbarer zweiter oder gar dritter Arbeitnehmer für die gleiche Aufgabe benötigt. Das ist sicherlich etwas mühsam und erfordert vom Arbeitgeber ein sehr korrektes Vorgehen und intensive Vorbereitung. Aber will er diese Vergleiche heranziehen, um eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung erfolgreich aussprechen zu können, muss er dem Angestellten beweisen, dass dieser willentlich langsam arbeitet.
Das Arbeitsrecht zeigt immer wieder: Wo ein Wille ist, da findet sich ein Weg.
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Beispiel aus der Praxis
Kündigung wegen Arbeitsverweigerung: Der Fall aus der Praxis
Ein IT-Mitarbeiter erhielt eine fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Er war trotz mehrfacher Abmahnungen und Gesprächsangeboten mit der Personalabteilung nicht mehr zur Arbeit gekommen. Der IT-Mitarbeiter hatte geltend gemacht, dass ihm das Arbeiten unmöglich sei, da er von seinem Arbeitgeber gemobbt würde. Das habe ihn krank gemacht. Daher reichte er gegen die fristlose Kündigung eine Kündigungsschutzklage ein.
Kündigung wegen Arbeitsverweigerung: Die Entscheidung der Gerichte
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. In der nächsthöheren Instanz, vor dem Landesarbeitsgericht, gewann der IT-Mitarbeiter jedoch. Gegen die Entscheidung legte der Arbeitgeber Revision ein und gewann vor dem Bundesarbeitsgericht. Das Gericht sah die Kündigung als rechtens an. Der Mitarbeiter habe sich beharrlich geweigert, seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nachzukommen - also zu arbeiten. Dabei sei es unerheblich, dass er sich im Recht glaubte. Er müsse selbst das Risiko tragen, dass seine Rechtseinschätzung eventuell falsch sei. Da ferner keine Krankschreibung vorlag, konnte der Argumentation, die Arbeitsverhältnisse hätten ihn krank gemacht, nicht gefolgt werden. Auch lag nach Ansicht der Richter kein Mobbing vor. Vielmehr habe es sich um ganz normale Meinungsverschiedenheiten gehandelt, die es in jedem Betrieb gibt und die zum normalen Arbeitsalltag gehörten. Der Mitarbeiter hatte also keinen Grund und auch kein Recht seine Arbeitsleistung zurückzuhalten. Die Kündigung war somit gültig und hatte Bestand. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.10.2015 - 2 AZR 569/14).
Arbeitsverweigerung: Was Sie nicht tun dürfen
Auch wenn Sie der Chef mit merkwürdigen Aufträgen nervt, die Kollegen Ihnen nicht passen oder Sie glauben, dass man Ihnen nicht wohl gesonnen ist: Sie müssen Ihren Pflichten als Arbeitnehmer nachkommen - also arbeiten. Ihre Arbeit niederlegen oder bestimmte Tätigkeiten verweigern dürfen Sie nicht, ohne dass Sie Ihren Arbeitgeber vorher davon informieren und ihm zuvor eine Frist setzen. Sichern Sie sich vorher ab, ob Ihr Arbeitsvertrag Sie nicht doch zu gewissen Tätigkeiten verpflichtet - auch wenn sie unliebsam sind. Kommen Sie an einem oder mehreren Tagen einfach nicht zur Arbeit ohne Bescheid zu geben, dann stellt das einen Grund für eine Abmahnung dar. Im wiederholten Fall kann Ihnen gekündigt werden. Auch wenn Sie bestimmte Aufträge einfach nicht ausführen ohne über Ihre Gründe dafür mit Ihrem Chef zu sprechen, kann Ihnen das als Arbeitsverweigerung ausgelegt werden und in der Folge eine Kündigung nach sich ziehen. Unsere Empfehlung an Sie ist daher: Sprechen Sie Schwierigkeiten an und versuchen Sie, diese aus der Welt zu schaffen, bevor ein größerer Konflikt daraus entsteht. Vielleicht liegt auch nur ein Missverständnis vor, das sich durch ein Gespräch klären lässt. Gehen Sie erstmal positiv an die Sache heran: Wenn die Angelegenheit doch nicht unkompliziert zu bewältigen ist, können Sie sich immer noch Hilfe holen.
Arbeitsverweigerung: Wann sie ausnahmsweise erlaubt ist?
Nur unter bestimmten Umständen kann sich der Arbeitnehmer ausnahmsweise weigern die ihm aufgetragenen Arbeiten zu erledigen. Das gilt zum Beispiel, wenn eine Weisung offensichtlich gegen den Arbeitsvertrag, einen Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung oder gegen ein Gesetz verstößt. So darf ein Arbeitnehmer die Arbeit dann verweigern, wenn der Arbeitgeber ihn per Dienstanweisung zu einer Straftat auffordert. Unter welchen anderen Bedingungen Sie die Arbeit ruhen lassen oder gar verweigern dürfen, haben wir hier aufgelistet.
Arbeitgeber schuldet Lohn
Ist der Arbeitgeber im Rückstand mit seinen Lohnzahlungen, dann kann der Arbeitnehmer von seinem Recht Gebrauch machen, seine Arbeitsleistung so lange zurückzuhalten, bis der Arbeitgeber den ausstehenden Lohn gezahlt hat. Vorher muss der Arbeitnehmer allerdings seinen Arbeitgeber auffordern, den ausstehenden Lohn zu zahlen und ihm mitteilen, dass er ansonsten von seinem Recht gebrauchen machen werde, die Arbeitsleistung zurückzuhalten.
Achtung: Anders sieht es aus, wenn Sie Ihrem Arbeitgeber nicht eindeutig mitteilen, dass Sie planen, ihre Arbeitsleistung nicht zu erbringen, weil Ihnen zum Bespiel Überstunden nicht vergütet wurden. So erging es einem Arbeitnehmer, der wegen nicht ordnungsgemäß bezahlter Überstunden einfach seiner Arbeit fernblieb. Auch auf die vier Abmahnungen diesbezüglich reagierte er nicht. Darauf folgte die Kündigung und eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld. Das Gerichtsverfahren verlor der Arbeitnehmer. Die fehlende Bezahlung der Überstunden durch den Arbeitgeber kann an sich ein wichtiger Grund sein, die Arbeitsleistung nicht zu erbringen. Dafür müssen aber bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, urteilte das Gericht. So hätte die Nichtzahlung des Lohnes eine nicht unerhebliche Höhe erreicht haben oder der Verzug mit den Lohnzahlungen sich über einen erheblichen Zeitraum erstrecken müssen. Zudem hätte der Arbeitnehmer diese Vertragsverletzung abmahnen müssen (Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 16.05.2012 - S 3AL 892709).
Religiöse Grundsätze
Ebenfalls kann der Arbeitnehmer Tätigkeiten verweigern, die gegen seine religiöse Überzeugung sind. So wehrte sich ein muslimischer Supermarktmitarbeiter erfolgreich dagegen, im Getränkemarkt den Alkohol in die Regale räumen zu müssen. Die fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung war unwirksam. Die Richter urteilten, dass eine Versetzung in eine andere Abteilung des Supermarktes hätte geprüft werden müssen (Bundesarbeitsgericht Az 2 AZR 636/09).
Streikrecht
Auch darf der Arbeitnehmer seine Arbeit bei einem rechtmäßigen Streik niederlegen oder wenn ihm eine unzulässige Arbeit zugewiesen wird.
Arbeitssicherheit
Erscheint dem Arbeitnehmer die zugewiesene Aufgabe als gefährlich für die Gesundheit oder er befindet seinen Arbeitsplatz als nicht sicher, dann darf er unter diesen Umständen die Arbeit verweigern.
Versetzung an einen anderen Ort – unzumutbare Weisung
Der Arbeitgeber kann sich in Ausnahmefällen auch weigern, wenn er von dem Arbeitsort, der in seinem Arbeitsvertrag genannt ist, vom Arbeitgeber in eine andere Stadt versetzt wird. Ist also im Arbeitsvertrag als Arbeitsort München genannt und es gibt keine Klausel, die es dem Arbeitgeber ermöglicht, den Arbeitnehmer an einen anderen Ort zu versetzen, so kann der Arbeitgeber seinen Angestellten in der Regel nicht einfach in eine andere Filiale nach Nürnberg versetzen. In einem aktuellen Fall hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) kürzlich seine langjährige entgegenstehende Rechtsprechung geändert (BAG Beschluss vom 14.06.2017, 10 AZR 330/16).
Welche Pflichten ergeben sich aus dem Arbeitsvertrag?
Fordert der Arbeitgeber Sie zu einer Tätigkeit auf, die nicht als eine Ihrer Pflichten im Arbeitsvertrag aufgeführt ist, dann sind Sie an sich nicht dazu verpflichtet, dieser Anweisung Folge zu leisten. Sie müssten also nicht die Toiletten im Büro putzen, obwohl Sie für die Buchhaltung eingestellt worden sind und dies auch nicht in Ihrem Arbeitsvertrag als Nebenpflicht festgehalten ist. Dennoch obliegt die letzte Entscheidung über die Zulässigkeit der Weisung den Arbeitsgerichten. Indem Sie die Arbeit verweigern, droht im schlimmsten Fall eine fristlose Kündigung. Daher sollten Sie die Anweisungen nicht einfach eigenmächtig missachten, sondern die Zulässigkeit gerichtlich prüfen lassen.
Gefahr für die eigene Person
Hat der Arbeitnehmer Grund zu der Annahme, dass eine Gefahr von einer Tätigkeit ausgeht und der Arbeitgeber ihn nicht ausreichend davor schützt, dann kann das in besonders schweren Fällen ebenfalls ein legitimer Grund sein, der Aufforderung zur Arbeit nicht nachzukommen. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Maschine nicht ordnungsgemäß in den vorgeschriebenen Interwallen gewartet wird und Sie daher eine Gefahr für Leib und Leben fürchten.
Anstiftung zu einer Straftat
Auf jeden Fall darf der Arbeitnehmer eine Arbeitsanweisung missachten, wenn es sich dabei um eine Straftat handeln würde. Sprechen Sie Ihren Arbeitgeber darauf an, dass Sie seine Anweisung nicht beachten werden, weil diese eine Straftat wäre. Eventuell ist dem Arbeitgeber die Tragweite seiner Entscheidung gar nicht bewusst gewesen.
Kündigung wegen Arbeitsverweigerung: Was sollten Sie unbedingt beachten?
Die eigenmächtige Arbeitsverweigerung ist nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig. In allen anderen Fällen droht Ihnen eine (fristlose) Kündigung. Suchen Sie zunächst lieber das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und versuchen Sie zu klären, welche Aufgaben zu Ihrem Tätigkeitsbereich gehören und welche nicht. Sprechen Sie an, welche Aufgaben Sie als nicht zumutbar empfinden und erklären Sie, warum Sie so denken. Im Zweifelsfall müssen Sie gerichtlich klären lassen, ob die Dienstanweisung unbillig und unzumutbar ist. Wollen Sie Ihre Arbeitskraft zurückhalten, weil Ihnen nicht der volle Lohn ausgezahlt wurde, so müssen Sie dies Ihrem Arbeitgeber mitteilen. Setzen Sie ihm eine Frist bis zu der Sie die ausstehende Lohnzahlung erwarten. Gehen Sie so vor, sind Sie auf der sicheren Seite.
Beitrag geprüft von
Rechtsanwalt Philipp Caba**
Philipp Caba ist ein erfahrener Rechtsanwalt mit Schwerpunkt auf Zivil-, Bank- und Versicherungsrecht. Er studierte in Deutschland und Schweden und ist Geschäftsführer der Gansel Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
* Angestellte Anwälte, ** Geschäftsführer, *** Freischaffende Rechtsanwälte