Anfechtung des Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung nach 10 Jahren ausgeschlossen

Ein häufiges Problem: Der Versicherungsfall tritt ein und der Versicherer lehnt die Leistung mit der Begründung ab, der Versicherungsnehmer habe bei Vertragsschluss über Vorerkrankungen oder seinen damaligen Gesundheitszustand arglistig falsche Angaben gemacht und den Versicherer so getäuscht.

Neu: Nach 10 Jahren ist Schluss

Seit dem 1.1.2002 können Versicherungsverträge, die älter als 10 Jahre sind, nicht mehr wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. Was so klar gesetzlich geregelt ist, führt in der Praxis aber immer wieder zu Widerstand bei den Versicherern, die ein darüber hinausgehendes unbefristetes Anfechtungsrecht geltend machen. Ein von uns erstrittenes Urteil schafft Klarheit.

Unser Präzedenzfall

Wir vertraten eine Mandantin, die Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei ihrem Versicherer beantragte. Zu diesem Zeitpunkt bestand der Vertrag noch keine 10 Jahre. Der Versicherer übersandte das Antragsformular und forderte Arztberichte und weitere Unterlagen zur Prüfung an. Die Mandantin benötigte drei Monate, um alle gewünschten Unterlagen zusammenzutragen und zu übersenden. Während dieser Zeit lief die 10-Jahres-Frist ab. Dennoch focht der Versicherer den Vertrag wegen angeblicher arglistiger Täuschung an.

Das Urteil

Das Landgericht Berlin stellte mit Urteil vom 3. Dezember 2014 klar: Die absolute Anfechtungsfrist beträgt 10 Jahre; ein darüber hinausgehendes unbefristetes Anfechtungsrecht analog anderer Rechtsvorschriften, z.B. zum Rücktrittsrecht, besteht nicht. Weder lag ein missbräuchliches Handeln unserer Mandantin vor, noch hatte sie die Obliegenheit verletzt, Unterlagen unverzüglich vorzulegen. Außerdem war die Vorschrift in den Versicherungsbedingungen, die Unterlagen unverzüglich vorzulegen, unwirksam geworden, weil der Versicherer diese an das geltende Recht bei der VVG-Reform 2008 nicht angepasst hatte. Der Versicherer muss nun die volle Leistung erbringen.

Kommentar

Dieser Fall zeigt wieder einmal, dass eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung immer anwaltlich geprüft werden sollte. Aufgrund der neuen Rechtslage stellt sich nicht nur die Frage, ob überhaupt ein Anfechtungsgrund vorliegt, sondern auch, ob die Anfechtung des Vertrages zeitlich und aufgrund der Bedingungen überhaupt noch möglich ist.